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Samstag, 3. Dezember 2016

26. Versinken im Treibsand?

„Treibsand“ ist genaugenommen eine Dispersion von feinem Sand und Wasser, wie sie in der Natur nur selten vorkommt (berüchtigt ist in diesem Zusammenhang der Rand des Namak-Sees im Iran - aber dass in dessen Treibsand Menschen auf Nimmerwiedersehen versinken, wie Einheimische gern behaupten, ist trotzdem nur ein Märchen). Man bekommt ihn höchstens einmal im Fernsehen oder im Kino zu Gesicht, wenn man sich Abenteuerfilme der frühen 1960er Jahre anschaut. Denn damals war das „Versinken“ im Treibsand ein beliebtes Stilmittel zur Erhöhung der Spannung der jeweiligen Handlung (denn je mehr sich das Opfer bewegte, um sich zu befreien, desto schneller versank es im Sand - eine grauenhafte Vorstellung). Man denke hier nur an das mit sieben Oscars gekrönte Werk „Lawrence von Arabien“ mit Peter O’Toole und Omar Sharif in den Hauptrollen. Dort gibt es eine sehr eindrucksvolle Szene, in der einer der Diener von T.E. Lawrence (der meisterhaft von Peter O’Toole gespielt wurde) vor den Augen seines Herrn, ohne dass der ihm helfen konnte, im Treibsand versinkt. Nur ist diese Szene nicht gerade physikalisch exakt dargestellt. Aufgrund der hohen Gesamtdichte der Wasser-Sand-Dispersion wird nämlich ein Mensch darin nicht weiter als, sagen wir, bis zum Bauch, einsinken können, da die Dichte des menschlichen Körpers immer geringer ist als die des Treibsandes. Aber ohne Hilfe von außen wird sich ein Mensch trotzdem in den meisten Fällen nicht aus dieser misslichen Lage befreien können - da er quasi im „Schlamm“ stecken bleibt.

Und nun noch ein paar Worte zur Erklärung des Phänomens einer solchen dilatanten Treibsanddispersion: In Ruhe liegen in ihr die feinen Sandkörner dicht gepackt vor, wobei die Zwischenräume zwischen den Körnern vollständig mit Wasser gefüllt sind. Wird dieses Gemenge nun einer Scherbelastung ausgesetzt, so gleiten die Sandpartikel aneinander vorbei, wobei das Wasser gewissermaßen als Schmiermittel wirkt und damit die Reibung insgesamt herabsetzt. Ein Körper (z. B. unser Hammer im Beispiel des Maisstärkebreis) wird dann mit einer von der Scherrate abhängigen Geschwindigkeit einsinken. Steigt die Scherbelastung an (Hammerschlag), so wird der Abstand zwischen den Sandkörnern etwas größer und der sie verbindende Wasserfilm reißt mit dem Effekt, dass die Schmierwirkung abnimmt und der Reibungswiderstand entsprechend stark ansteigt.

Übrigens, wenn man ein Schwimmbecken mit der bereits erwähnten zähflüssigen Maisstärkedispersion füllt, dann kann man es Jesus gleichtun (z. B. Johannes 6, 16-21) und mit schnellen Schritten darüber laufen ohne zu versinken. Wenn man aber stehenbleibt, geht es einem wie dem berühmten Taucher in Arthur Schramms Zweizeiler (wir kommen darauf zurück)...

Normale Flüssigkeiten sind in ihren fluiden Eigenschaften im Vergleich zu dilatanten Flüssigkeiten auf dem ersten Blick sehr einfach strukturiert. Man kann für sie analog zu dem berühmten Newtonschen Bewegungsgesetz, nach der „Kraft = (träge) Masse mal Beschleunigung“ ist, auch eine Bewegungsgleichung aufstellen, welche in der Lage ist, alle Strömungsphänomene „newtonscher Flüssigkeiten und Gase“ grundsätzlich zu beschreiben. Man nennt sie nach ihren Urhebern „Navier-Stokes-Gleichung“.

Was nicht im Buch steht...



Lawrence of arabia - Treibsand-Szene (Video)

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