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Samstag, 3. Dezember 2016

12. Münchhausens Ritt auf der Kanonenkugel

Aber sein Ritt auf der Kanonenkugel in dem Film „Münchhausen“ von 1943 ist und bleibt trotzdem legendär. Da fragt man sich als Laie: Ist so etwas überhaupt möglich? Als Physiker möchte ich antworten: Ja, natürlich. Wenn die Kanonenkugel auf dem Boden liegt. Einfach draufsetzen. Andernfalls, im Fluge, nein. Die Abschussgeschwindigkeit einer Kanonenkugel zur Zeit des Russisch-Österreichischen Türkenkrieges (zu jener Zeit, 1736-1739, handelt der Film) dürfte bei ~150 m/s gelegen haben. Da ist nicht nur das Aufsteigen ein ernstes Problem. Selbst das „Festhalten“ dürfte in realo ziemlich schwierig werden. Auch das Kunststück, welches der Legende nach Hieronymus Carl Friedrich von Münchhausen (1720-1797) vor der Feste Otschakov am Schwarzen Meer vollbrachte, indem er mitten im Flug auf eine entgegenkommende Kanonenkugel umstieg, erscheint bei einer Relativgeschwindigkeit von dann, sagen wir mal 300 m/s, bereits vom Gefühl her als etwas unrealistisch. Ich denke, hier hat der Baron eindeutig gelogen. Das Gleiche gilt auch für „Münchhausens Theorem, Pferd, Sumpf und Schopf“ (Hans Magnus Enzensberger). Denn wenn es wahr wäre und der Baron hätte sich wirklich selbst mit samt seinem Pferd – und zwar am eigenen Schopf – aus dem Sumpf gezogen, dann hätte Isaak Newton (1642-1726) mit seinem Theorem „actio=reactio“ wahrlich einpacken können. Die Welt würde sich dann aber auch viel wunderlicher verhalten und wäre wahrscheinlich nicht mehr wiederzuerkennen. Also, wenn Sie einmal die dem Baron von Münchhausen zugeschriebenen Geschichten lesen möchten (was ich nur empfehlen kann, z. B. auf Google Books „Des Freiherrn von Münchhausen wunderbare Reisen und Abentheuer zu Wasser und zu Lande“), behalten Sie immer im Hinterkopf: Es handelt sich dabei um Lügengeschichten.

Was nicht im Buch steht...





Münchhausens berühmter Ritt auf der Kanonenkugel

Münchhausens Lügengeschichten

Münchhausen und das berühmte Gödelsche Theorem

Hommage an Gödel, von Hans Magnus Enzensberger

Münchhausens Theorem, Pferd, Sumpf und Schopf,
ist bezaubernd, aber vergiss nicht:
Münchhausen war ein Lügner.

Gödels Theorem wirkt auf den ersten Blick
Etwas unscheinbar, doch bedenk:
Gödel hat recht.

"In jedem genügend reichhaltigen System
lassen sich Sätze formulieren,
die innerhalb des Systems
weder beweis- noch widerlegbar sind,
es sei denn das System
wäre selber inkonsistent."

Du kannst deine eigene Sprache
in deiner eigenen Sprache beschreiben:
aber nicht ganz.
Du kannst dein eigenes Gehirn
mit deinem eigenen Gehirn erforschen:
aber nicht ganz
Usw.

Um sich zu rechtfertigen
muss jedes denkbare System
sich transzendieren,
d.h. zerstoeren.

"Genügend reichhaltig" oder nicht:
Widerspruchsfreiheit
ist eine Mangelerscheinung
oder ein Widerspruch.
(Gewissheit = Inkonsistenz)

Jeder denkbare Reiter,
also auch Münchhausen,
also auch du bist ein Subsystem
eines genügend reichhaltigen Sumpfes.

Und ein Subsystem dieses Subsystems
Ist der eigene Schopf,
dieses Hebezeug
fuer Reformisten und Lügner.
In jedem genügend reichhaltigen System
also auch in diesem Sumpf hier,
lassen sich Saetze formulieren,
die innerhalb des Systems
weder beweis- noch widerlegbar sind.

Diese Sätze nimm in die Hand
Und zieh!

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