Und da wird es kompliziert: Der Esel ist danach ein Lebewesen, das Maultier dagegen nicht. Diese diskussionswürdige Erkenntnis ist Inhalt des „Mule paradox“, welches die Biologen eine Zeitlang beschäftigt hat. Maultiere sind nämlich – wie allgemein bekannt – grundsätzlich unfruchtbar. Aber wer würde es schon wagen, einem solchen sympathischen und genügsamen Tier das Attribut „Leben“ abzusprechen? Damit kommt man zu einem allgemeinen Problem beim Versuch, das Phänomen „Leben“ in eine allgemeingültige Definition zu pressen. Will man nämlich über das Niveau von Tautologien der Art „Leben ist ein Attribut lebender Systeme“ hinauskommen, muss man wiederum Begriffe verwenden, die ähnlich schwer zu definieren sind wie z. B. Komplexität, Information und Ordnung mit ihrem jeweils eigenen spezifischen Kontext. Summa summarum bleibt am Ende nichts weiter als die Feststellung, dass auch gegenwärtig noch alle Versuche, „Leben“ zu definieren, im hohen Maße umstritten sind. Es ist noch nicht einmal klar, ob es so etwas wie eine eindeutige Definition überhaupt gibt, die alle Aspekte lebender Materie adäquat zu erfassen und abzubilden vermag.
Aber vielleicht ist es ähnlich wie mit dem Versuch, ein für alle Mal definieren zu wollen, was beispielsweise „Musik“ ist? Zumindest für den Autor gilt hier die zwar subjektive, aber ansonsten pragmatische Antwort – „ich weiß es in dem Moment, wenn ich sie höre…“ Dabei ist genaugenommen die Frage, wann „Geräusche“ in Musik und „Musik“ in Geräusche umschlagen, ähnlich schwer zu beantworten, wie die Frage des Übergangs zwischen unbelebter und belebter Natur am Ende der chemischen Evolution vor ca. 3,8 Milliarden Jahren. Diese Frage ist vielleicht sogar noch schwieriger, da die Einschätzung, wann Geräusche „Musik“ sind, nur subjektiv möglich ist, während sich die zweite Frage zumindest theoretisch objektiv beantworten lässt. Ich kann mir jedenfalls vorstellen, dass manche moderne Orchesterwerke einem Menschen wie Johann Sebastian Bach (1685-1750) wie üble Geräusche vorgekommen wären. Aber daran erkennt man auch, dass Musik „Zeitgeist“ ist, also nach Johann Gottfried Herder (1744-1803) die Mentalität einer Epoche widerspiegelt. Wenn man die Welt verstehen will, kommt man deshalb nicht umhin, sie historisch zu analysieren.
Was nicht im Buch steht...
Ob das "Musik" ist?
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